Beim Klettern, speziell am Fels, ist ein gesundes Sicherheitsdenken überlebensnotwendig. Man sollte sich stets bewusst sein was man da gerade tut und ob man das auch richtig tut, um unangenehme Situationen zu vermeiden. Aus diesem Grund werden wir, teils basierend auf Email-Anfragen, hier einige grundlegende Sicherheitstipps veröffentlichen, die sich jeder Einsteiger aber auch jeder Fortgeschrittene Kletterer verinnerlichen bzw. kennen sollte. Einige dieser Tipps hat die Firma Petzl in einer Pdf hervorragend illustriert, der Text ist nur auf englisch verfügbar:Petzl Sicherheitstipps (Link nicht mehr gültig) – Evtl. hilft die Suche nach „tech-tips-sport-climbing.pdf“.
Seilverlauf beimVorstieg:
Nicht selten sieht man Vorsteiger die so vertieft in den weiteren Verlauf ihrer Route sind, dass sie sich keine Gedanken darüber machen wo sich das Seil momentan befindet. Man sollte unbedingt darauf achten, dass 1.) das Seil richtig durch die Expresse läuft, sprich: das Seil kommt von unten an der Wand entlang, geht von hinten durch den Karabiner und kommt vorne zum Gurt raus. So ist das Risiko minimiert, dass sich das Seil versehentlich von selbst aushängt. 2.) Das Seil darf nie hinter dem Bein verlaufen wenn man über dem zuletzt geclippten Karabiner steht. Denn wenn man stürzt und das Seil schräg über die Wade läuft, zieht einem das Seil das Bein nach oben und man stürzt kopfüber nach hinten und schlägt sich, wenn es blöd läuft, den Hinterkopf oder Rücken an der Wand an. Deswegen: Das Seil muss immer vor dem Bein bzw. zwischen den Beinen laufen.
Expresse Allgemein:
Offensichtlich gibt es immer wieder Verwirrung darüber, welchen Karabiner an einem Express-Set man mit einem Gummi fixieren soll. Es ist definitiv der untere Karabiner in dem das Seil eingehängt wird. Dadurch wird verhindert, dass sich der untere Karabiner aufgrund der Seilreibung beim Klettern verdreht und so unter Umständen quer in der Expressschlinge liegt. Dies kann bei einem Sturz aufgrund der geringeren Querfestigkeit des Karabiners zu einem Bruch führen. Ist der untere Karabiner fixiert, kann sich dieser nicht verdrehen und bewegt sich immer mit der Schlinge mit, die sich im oberen Karabiner bewegen kann. Bei einem Sturz ist so der Karabiner immer in der richtigen Position. Wird nun aber auch noch der obere Karabiner fixiert, hat alles keinen Sinn gemacht, da sich nun beide Karabiner zusammen bewegen und sich nun der obere Karabiner im Bohrhaken querstellen kann. Was dann passieren kann habe ich oben schon erwähnt. Man kann sich dies verdeutlichen, in dem man die Schlinge an beiden Enden festhält, so dass sich die Karabiner nicht mehr bewegen können. Zieht man nun den unteren Karabiner nach oben, nichts anderes passiert bei der Seilreibung, dann macht der obere Karabiner die Bewegung mit.
Richtig Abseilen:
Foto by: Tuppus
Erst einmal einige Grundlagen die teilweise per Email angefragt wurden: Man kann, wenn man das Seil unten wieder abziehen will, immer nur halb so weit abseilen, wie das Seil Lang ist, da man das Seil ja doppelt nehmen muss um sich dann mit einem Abseilgerät abzuseilen (z.B. Achter). Will man über die ganze Seillänge abseilen, kann man das Seil natürlich oben festknoten (z.B. mit einem Achterknoten oder doppelten Bulin) und sich an einem Strang abseilen. Dadurch, dass man nur einen Seilstrang hat, rutscht dies auch schneller durch das Abseilgerät, also ist Vorsicht geboten. Ich empfehle auch jedem, egal ob im Doppelstrang oder im Einzelstrang eine Hintersicherung mit einem Prusik. Das Abseilen im Einzelstrang macht eigentlich nur Sinn, wenn man danach mit einer Steigklemme wieder hochklettern möchte. Dazu später mehr
Allgemeiner Ablauf beim Abseilen:
Beim Abseilen ist stets darauf zu achten, dass man nicht ungesichert auf dem Felskopf steht. Deswegen sollte man sich immer mit einer Bandschlinge selbst absichern während man die Abseilpiste einrichtet. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. kann man das Seil durch einen Ring am Felskopf fädeln und bis zur Mittelmarkierung durchziehen. Ist kein Ring vorhanden funktioniert natürlich auch ein Baum (mit entsprechender Dicke) oder ein Bohrhaken auf dem Felskopf. Man muss beim Abseilen über einen Baum nicht unbedingt Bandschlingen und Karabiner verwenden, da sich das Seil ja nicht bewegen muss. Man kann es also direkt um den Baum legen, sollte jedoch darauf achten, dass die Rinde nicht so rau ist, dass sich das Seil später nicht mehr abziehen lässt. Hat man das Seil bis zur Mittelmarkierung durchgezogen, macht man in jedes Ende einen Knoten und wirft es hinunter. Nicht vergessen vorher: “Vorsicht Seil!” zu rufen. Nun kann man kontrollieren ob beide Enden auch am Boden angekommen sind. Sieht man es nicht, weiß aber, dass die Länge reicht, kann man trotzdem anfangen sich abzuseilen, da man das Seil noch “unterwegs” ausrichten kann. Man richtet nun, während man noch an der Selbstsicherung hängt, den Abseilachter (bzw. das Abseilgerät) und die Hintersicherung (Prusik) ein, kontrolliert dass alles richtig sitzt und schiebt nun das Seil so weit nach oben, dass man im Seil sitzen kann, währen die Selbstsicherung unbelastet ist. Ist dies der Fall, kann man die Hintersicherung aushängen und mit dem Abseilen beginnen, indem man den Prusik langsam nach unten schiebt. Der Vorteil des Prusik ist, dass dieser sofort den Abseilachter zum blockieren bringt, wenn man ihn versehentlich loslässt. So kann man nicht unkontrolliert am Seil herunterrutschen.
Die Länge der Prusikschlinge sollte so gewählt werden, dass sich diese beim Abseilen nicht in dem Abseilachter verklemmen kann, also vorher überprüfen!
Seil durch Bohrhaken fädeln:
Erst einmal möchte ich erwähnen, dass man beim Topropen am Fels ohne Umlenker das Seil stets durch zwei gegenläufige Expressen oder Schraubkarabiner umlenken sollte um die Bohrhaken vor unnötigem Abrieb zu bewahren. Wenn nun der letzte hochklettert, muss dieser die Expressen natürlich wieder mitnehmen und folglich das Seil durch den Bohrhaken fädeln. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:
1.) Wenn der Durchmesser des Bohrhakens groß genug ist, kann man das Seil ca. zwei Meter vom Anseilpunkt entfern doppelt in die Hand nehmen und die Schlaufe durch den Bohrhaken stecken. Nun macht man an der durchgezogenen Schlaufe einen gelegten Achterknoten (oder auch einen doppelten Bulin) und hängt diesen mit einem Schraubkarabiner am Gurt ein. Danach kann man den ursprünglichen Anseilknoten vom Gurt lösen und abgelassen werden.
Hier ein Beispielvideo:
2.) Ist der Durchmesser des Bohhakens nicht groß genug, kann man sich mit einer Bandschlinge, die an Gurt befestigt ist, und einem Schraubkarabiner am Bohrhaken festmachen, das Seil z.B. an einer Beinschlaufe fixieren, damit es nicht runterfallen kann und sich dann ausbinden, das Seil durch den Bohrhaken fädeln und sich dann wieder einbinden. Hierzu sollte der Bohrhaken jedoch vertrauenserweckend aussehen. Es fühlt sich am Anfang immer etwas komisch an nur an einer Bandschlinge zu hängen, man gewöhnt sich jedoch daran. Am wichtigsten hierbei ist es das Seil nicht fallen zu lassen!
Bei beiden Versionen sollte man auf jeden fall, bevor man sich ausbindet, prüfen ob man auch alles richtig gemacht hat, damit man keinen folgenschweren Fehler begeht. Außerdem empfehle ich jedem, der das noch nie gemacht hat, sich dies von einem erfahrenen Kletterer zeigen zu lassen und es nicht unbedingt auf eigene Faust ausprobieren.
Vielleicht erstmal so Weit fürs erste. Diese Liste wird in der nächsten Zeit noch aktualisiert bzw. ergänzt werden. Wenn euch noch etwas einfällt, was euch unklar ist, dann füllt doch einfach das Kontaktformular aus oder kommentiert diesen Artikel und wir werden sehen was wir machen können.
Nun wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und schlagt euch nicht die Bäuche so voll, dass ihr danach die Wand nicht mehr hoch kommt.
Euer Kletterlaune.de Team